Transformation ist ein Lernprozess


Im Unternehmen steht die Einführung vom Scrum Framework an. Die Kommunikationmaschine wird angeworfen. Alle bekommen Informationen über alles was sie wissen müssen - Handbuch, PowerPoint, Info-Meeting. Und schon geht es los. Es weiß ja jetzt jeder wie es geht - easy, oder? Nein!

Warum Wissen alleine nicht ausreicht zeigt dieses Video auf beeindruckende Weise.

Nur weil wir wissen, dass wir den Lenker einfach in die entgegengesetzte Richtung lenken müssen, um dort anzukommen, wo wir hinwollen, klappt es nicht auf Anhieb. Wenn wir das Rad jetzt das erste Mal in einem Rennen fahren und dann noch gewinnen sollen, ist es sehr wahrscheinlich, dass wir grandios scheitern. Neues zu lernen braucht Zeit und viel Übung.

Ähnliches gilt in Transformationsprozessen, wie beispielsweise bei der Einführung von Scrum oder OKRs. Auch hier muss neues Verhalten gelernt werden. Da reicht es nicht, dass sich alle das Erklärvideo anschauen. Wie war das noch mit dem Daily? Wozu genau brauchen wir die Retrospektive? Wenn wir keinen Lernraum bekommen, um das neue Verhalten sowie die neuen Muster zu erproben und zu verinnerlichen, werden diese im Alltagsgeschäft untergehen.

Das ist ähnlich wie wenn ich jeden Tag stundenlang E-Mails tippe, aber nicht schneller werde, weil ich nichts Neues ausprobiere und übe, sondern meinen Fokus darauf lege den Job zu erledigen. Um besser zu werden braucht es nur 10 Minuten am Tag, an denen ich z.B. das 10-Finger System trainiere. Da ist es egal, ob ich Fehler mache oder nicht so flott bin. Ich übe ja nur. Am Anfang brauche ich damit länger, um eine Mail zu schreiben, aber mittelfristig werde ich dadurch viel schneller.

Wenn wir immer in der “Performance Zone” agieren müssen, also unserem Tagesgeschäft nachgehen, werden wir das neue Verhalten nicht anwenden (können). Wir greifen automatisch auf alte Verhaltensmuster zurück, da sie im ersten Moment besser oder schneller funktionieren, als das neue Verhalten. Dabei ist völlig egal, ob das alte Verhalten uns langfristig nützlich ist oder nicht, es hilft sofort. Wir werden nicht besser, obwohl wir hart arbeiten und unser Können stagniert. Das kann der Tod der Transformation werden.

Aus genau diesem Grund sind bewusst eingerichtete und freigehaltene Lernzonen die Voraussetzung für jede Transformation. In diesen Lernzonen muss es möglich sein zu scheitern und darüber hinaus keine Konsequenzen nach sich ziehen.

Ein Seiltänzer übt neue Kunststücke auch nicht ohne Netz. Die Fußballerin macht einen neuen Trick auch nicht zum ersten Mal im Finale der Weltmeisterschaft. Es muss möglich sein Fehler zu machen, ohne dass andere Lachen oder man das Gefühl hat, dass andere einen für beschränkt halten - ohne das sofort das ganze Projekt auf der Kippe steht. Es braucht Lernräume, wo nicht die Leistung, sondern das Lernen im Vordergrund steht, es Feedback gibt und reflektiert werden kann.

Oft hilft es schon, gemeinsam darüber zu sprechen, in welcher Zone man sich gerade befindet. Mache ich das hier, um etwas zu lernen oder bin ich in der Performance Zone, wo ich eine Aufgabe bestmöglich zu Ende bringen möchte. Für die Lernzonen muss vom Unternehmen Zeit eingeräumt werden. Wenn OKRs eingeführt werden, brauchen alle Zeit zum Üben - und zwar in der normalen Arbeitszeit. Das Üben bezieht sich einerseits auf das Bewusstsein, dass es viele Planungszyklen brauchen wird, bis das Team gelernt hat, OKRs sinnvoll zu formulieren und den Prozess erfolgreich für sich zu nutzen, statt “nur ein Tool zu pflegen”. Und es braucht bewusst eingerichtete Learning Sessions, bei denen das Team erneut versucht die Zielformulierung zu verbessern, die Retrospektiven erfolgreich zu gestalten usw. Es braucht ein Set an Möglichkeiten wie bespielsweise formale Trainings, Coachings oder Job-Shadowing, um in einem sicheren Lernraum üben zu können. So kann das Wissen langsam aber beständig in Können transformiert werden!


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Was wir bei dem Besuch eines Fußballspiels über Selbstorganisation lernen können

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New Work Story - Die Einführung von Holokratie bei MYCS