Welche Führungs- und Managementrollen brauchen wir?

Das Prinzip der kollektiven Führung ist, dass Führung im gesamten Team verteilte bzw. mit dem gesamten Team geteilt wird. Nicht mehr eine Person oder Gruppe von Personen ist für die Führung der Organisation verantwortlich, sondern jede Person übernimmt Führung bzw. eine bestimmte Führungsverantwortung. Dabei gilt: jede:r kann für den Bereich Führung übernehmen, für den er oder sie sich kompetent fühlt.

Die Führungs- und Managementverantwortlichkeiten werden in Rollen übersetzt und so können sie sehr kleinteilig aufgeteilt werden.

Welche Führungsrollen es tatsächlich braucht, entscheidet jede Organisation oder auch jeder Kreis für sich selbst. Es gibt ein gewisses Standard-Set an Rollen, an dem man sich orientieren kann, allerdings sollten keine "leeren" Rollen, sprich Rollen, die eigentlich nicht gebraucht werden, definiert werden.

Auch die Standardrollen können in Führungs- und Managementrollen unterschieden und auf die verschiedenen Bereiche eines jeden Kreises aufgeteilt werden. Die Managementrollen beziehen sich eher auf das Verwalten und Strukturieren der Arbeit, die Führungsrollen liegen eher im Zwischenmenschlichen Bereich. Sie verbinden, inspirieren und reißen mit. Wie die verschiedenen Führungsrollen im einzelnen ausgestaltet sein könnten, erfährst du in unserem Artikel “Die Führungsrollen der Selbstorganisation”.

Die Führungsrollen der verschiedenen Bereiche

In jedem Kreis sollten die 4 Bereiche bzw. Ebenen entwickelt werden: persönlich, Beziehungen, operativ und strukturell. Ein Blick auf die verschiedenen Bereiche kann stets ein guter Start- und Orientierungspunkt für einen Kreis sein. Er hilft dabei die Gedanken zu strukturieren und zu überlegen, was es im Kreis noch braucht, um den jeweiligen Bereich gut abzudecken. So kann es auch gelingen die Führungs- und Managementverantwortlichkeiten sehr klar voneinander zu trennen und ein gutes Gefühl dafür zu bekommen, was es tatsächlich im Kreis braucht, damit sich jede Person gut geführt fühlt und das Gefühl hat, dass die Arbeit gut strukturiert ist und die Zeit effizient genutzt werden kann.

Die individuelle Ebene

Auf der individuellen Ebene geht es darum, die persönliche Weiterentwicklung zu unterstützen. Die Fragestellung ist immer: Welche Mechanismen haben wir als Team / im Kreis, jemanden zu unterstützen, der an eine persönliche Grenzen stößt, der Schwierigkeiten im individuellen Arbeiten hat, der einen Konflikt im einem oder einer Kollegin hat, da ein bestimmtes Verhalten immer wieder etwas triggert.

Eine Lösung könnte sein, die Rolle Coach, Mentor:in oder Vertrauensperson zu installieren. Wichtig ist, dass die Person transparent benannt wird und klar ist, bei welchen Themen sie unterstützt. Noch leichter wird es für die “hilfesuchende” Person, wenn klar ist, auf welchem Weg die Person angesprochen werden kann. Reicht beispielsweise eine kurze Slack-Nachricht mit der Frage “Hast du Zeit für einen Kaffee?”, reicht eine Termineinladung für ein 15-Minütiges Erstgespräch, das unter dem Titel “Kaffee” getarnt wird gibt es bestimmte Sprechzeiten z.B. immer freitags zwischen 10 und 12 Uhr usw.

Die zwischenmenschliche Ebene

Wenn wir die zwischenmenschliche Ebene betrachten, kommen viele Assoziationen in den Kopf, warum eine Gruppe gut funktioniert - ganz unabhängig vom Arbeitskontext. Wenn du dir diese Frage stellst und an eine Situation zurückdenkst, in der du Teil einer Gruppe warst, wirst du bestimmte Muster erkennen, wer was gemacht oder gesagt hat, was die Gruppe unterstützt hat, zwischenmenschlich gut zu funktionieren.

Die Frage kannst du dir natürlich auch für dein Team stellen: Aus welchen Gründen funktionieren wir zwischenmenschlich gut? Wer hat welchen Anteil daran und was machen wir konkret? Aus der Forschung ist bekannt, dass Teams / Gruppen dann gut funktionieren, wenn sie eine gemeinsame Sprache sprechen bzw. eine gemeinsame Identität entwickelt haben. Es besteht ein Wir-Gefühl und die Teamwerte bzw. ein gemeinsames Verständnis von ethischem Verhalten wird gelebt. Rollen, die hier gut eingesetzt werden können sind die Mediator:in, die Wertewächter:in und die Barista / Kaffeetrinken-Organisieren-Person.

Der Operative Bereich

Im Bereich Operatives wird die Arbeit erledigt. Hier kommen sowohl Management- als auch Führungsverantwortlichkeiten zum Tragen. Auf der organisatorischen Ebene muss jedem klar ist, warum der Kreis woran arbeitet und was jede:r Einzelne dazu beiträgt (Transparenz) und es muss sichergestellt werden, dass der Kreis seine Ressourcen nicht überlastet (Ökonom). Außerdem müssen die internen Meetings organisiert, moderiert und dokumentiert werden - ob hier eine oder 3 Rollen verantwortlich sind, liegt an euch.

Für den Bereich Führung - die Motivation, das Visionäre und Vorangehende - fallen die Rollen Strategie, Expertise, Innovation und Feedback an. Der Kreis sollte sicherstellen, dass er strategisch arbeitet und eine Strategie hat, öfter mal etwas neues ausprobiert und nicht im “Haben-wir-immer-so-gemacht”-Modus hängen bleibt, und sich gegenseitig die Chance auf Feedback einräumt, anstatt das Feedback dem Zufall zu überlassen.

Und schließlich braucht es noch die Rollen Repräsentanz - Menschen aus anderen Kreisen wissen, wen sie ansprechen können.

Das Strukturelle

Für den Strukturellen Bereich braucht es Rollen, die sich darum kümmern, die strukturelle Ebene weiter zu entwickeln. Verfolgt der Kreis konsequent seinen Purpose, sind alle nötigen Rollen vertreten, wie wird was entschieden und welchen Regeln folgt der Kreis. All das sind Fragestellungen, die in diesen Bereich fallen. Welche und wie viele Rollen dafür Verantwortung übernehmen, bleibt dem Kreis überlassen. Vorschläg wären die Rollen Modulor:in und / oder Kreiscoach.

Zwei Rollen die sowohl im operativen als auch strukturellen Bereich angesiedelt werden können, sind die Organisatorin - achtet auf die Einhaltung und Weiterentwicklung der Prozesse - und die Dokumentation - achtet darauf, dass sämtliche Meetings und Entscheidungen dem Kreis z. B. In Form eines Wikis zur Verfügung stehen. Beides muss keine eigene Rolle sein, es ist nur wichtig, dass die Idee dahinter grundsätzlich vorhanden ist.

Welche Rollen braucht welcher Kreis?

Welche Rollen ihr in eurem Kreis tatsächlich braucht ist komplett euch überlassen. Wichtig ist, dass ihr die Bereiche im Blick behaltet und das Nötige tut, um sie entsprechend weiterzuentwickeln. Grundsätzlich gilt immer, dass alles was ihr macht auch transparent gemacht werden sollte. Wenn ihr beispielsweise immer eine Retro macht, um euch als Kreis zu reflektieren, die Zusammenarbeit zu verbessern und zu prüfen, ob ihr noch auf dem richtigen Weg seid, dann gibt es auch eine Person, die sich um die Organisation der Retro kümmert: Termineinladung, Moderation, Dokumentation, Follow-ups usw. Diese Bemühungen sollten transparent gemacht werden, und der konsequente Weg ist, dies mit einer Rolle zu tun.

Ihr könntet euch also folgendes anschauen:

  • Was tun wir eh schon mit Blick auf Führung und Management und wie lässt sich das transparent machen?

  • Was tun wir schon und finden es eigentlich unnötig?

  • Was tun wir noch nicht, fehlt aber und sollte entsprechend eingeführt werden?

So kommt ihr euren Führungs- und Managementrollen ein Stück näher. Wichtig ist auf jeden Fall, den Prozess und die Rollenentwicklung lebendig zu halten, so dass ihr iterieren und die Rollen weiterentwickeln könnt.

Eine Frage, die wir auch oft gestellt bekommen: Welche Rollen brauchen wir auf jeden Fall in unserem Kreis, oder können wir sie auch ausleihen? Auch hier entscheidet ihr selbst. Einerseits würde die Teamgröße einen Anhaltspunkt geben und andererseits entscheidet die Frage: soll die Rolle in eurem Kreis etwas entscheiden oder kann sie auch einfach “nur” beraten und entsprechend ausgeliehen werden.

Die Rolle Coach für die persönliche Weiterentwicklung wäre ein typischer Fall. Wenn sie in eurem Kreis nichts entscheiden muss, kann sie auch ausgeliehen werden.

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So entwickelt ihr eure Rollen - ein Startpunkt

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Gehaltsverhandlungen in kollektiv geführten Teams